Media Echo
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Crazy Arts Interview 04.03.2007
Crazy Arts ist elektronisch produzierte Musik und wird oft mit Größen wie Tangerine Dream, Robert Miles oder Jean-Michel Jarre verglichen.

Markus, Musik produzieren ist dein Hobby, wie kam es dazu und wann wurde Crazy Arts gegründet?
Markus Kleinsorge: Als ich 1987 mit der Schulband „Working Nation“ bei einigen Auftritten mitwirken durfte, war ich von dieser Leidenschaft Musik zu machen sehr angetan. Meine Kumpels haben damals schon recht ansehnliche Synthesizer besessen und mich mit ihrer Musik sehr stark beeindruckt. Besonders Harald Spilker hat mich jedesmal wieder mit seinen Songs begeistert, die für mich heute noch unerreichbar sind und vor denen ich wirklich den Hut ziehe!! 1989 habe ich dann endlich die Heimorgel gegen meinen ersten Synthesizer eingetauscht: einen Kawai K1 II. Damit fing also alles an und ich sehe es heute als den Anfang von Crazy Arts.

Ist dein aktuelles Album „Micro World“ ein Best Of Album?
Eigentlich schon. Obwohl man ein Best Of ja erst am Ende der Karriere reinhaut [lacht]. Aber hier ist das sowieso anders. Da ich mich nicht total abschotten kann wie ein Profi, nimmt die Entstehung eines neuen Songs sehr viel Zeit in Anspruch. Ich kann also nicht jede Woche neue Songs abliefern. So sind seit 1994 bis zum Erscheinen des Albums 10 Jahre vergangen, und dabei 15 recht gute Songs entstanden, die dann einen Platz auf dieser CD verdient haben. Hinzu kommt, daß ich seit 2004 bei NovaTune unter Vertrag bin, und damit endlich eine vernünftige und bezahlbare Plattform gefunden habe. Somit kann man nun auch echte CDs überall erwerben. Ich möchte mein Werk eben auch stolz in den Händen halten.

Du besitzt ein recht ansehnliches Studio, ist der MK88 eine Art Midi-Controller?
Danke! Der MK-88 ist ein Midi Masterkeyboard-Controller mit 88 Tasten und Hammermechanik. Das Gerät ist komplett von mir entwickelt und gebaut worden. Alles nach meinen Vorstellungen um die Arbeit im Studio zu erleichtern und natürlich den Spaß zu erhöhen. Mittlerweile sind ja ähnliche Geräte am Markt erhältlich, allerdings nicht alles in einem Gerät so wie ich mir das vorstelle. Als ich 2001 mit der Entwicklung angefangen hatte, gab es so etwas in dieser Form überhaupt nicht. Interessant ist auch die integrierte Sound-Library für die Synthesizer. Damit ist auch ohne schlechter Software ein schneller Zugriff auf alle Sounds möglich. Neben den üblichen Controllern für Sequencer, Plug-Ins und Synthesizer, kann ich z.B. auch mit dem „Control Room“ Bereich die Abhöranlage steuern.

Ist damit auch „Micro World“ produziert worden?
Teilweise ja. Der Bau hat sich leider über Jahre hingezogen und somit waren die Funktionen meist eingeschränkt. Es konnten so aber auch neue Ideen einfließen während das Album produziert wurde.

Welche Technik stand dir anfangs zur Verfügung und gab es für dich eine Art musikalischen „Durchbruch“?
Ich hatte zusammen mit Alexander Wratolis die ersten Experimente mit K1 und Amiga 500 gemacht, aus denen dann 1991 „Power Remixes“ entstanden ist. Wie der Name schon sagt leider mit sehr wenig eigenen Ideen. Es war aber eine eigene Musikproduktion, die sogar die ersten "Fans" anlockte. Irgendwann wuchs dann der Anspruch an Technik, der K1 wurde durch einen K4 ersetzt und ein Boss DR550 Drumcomputer angeschafft. Mit diesen drei Gerätschaften habe ich dann 1992 den ersten eigenen Song geschrieben (Soundcheck). Zum ersten mal habe ich gemerkt, dass man einen Gedanken musikalisch festhalten kann. Und das hat mich unglaublich begeistert.

Abgesehen vom MK88 ist das Studio nicht auf dem neuesten Stand der Technik. Du hast z.B. immer noch zwei Hardware-Sampler und ein analoges Mischpult.
Jaja, das ewige Streit-Thema. Die Vorzüge einer reinen Softwarelösung sind nicht von der Hand zu weisen. Die Nachteile allerdings auch nicht. Und so nutze ich von jedem etwas, je nach dem wo die Vorteile liegen. Ich hatte vor einiger Zeit mal probiert auf Software-Sampler umzusteigen, und habe dafür einen beliebigen Sound der „Ultimate Waves“ von Waldorf als Test genommen. Ich habe keine einzige Software gefunden, die diesen Sound so wiedergeben konnte wie ein Akai-Sampler. Hört sich etwas missmutig an, ist aber Tatsache. Bestimmte Hardware-Geräte sind für mich nach wie vor das Maß der Dinge. Eine Mischung aus beiden Welten wie z.B. den Virus Ti finde ich sehr interessant.

Wie kam es zu der ersten Crazy Arts CD „In Too Deep“?
Es entstanden im Laufe der Zeit immer mehr eigene Songs und der gescheiterte Versuch mit „Small Talk“ 1993 hat gezeigt, daß man eigentlich doch mehr will als „nur“ Remixe machen. Von meinem ersten Arbeitslohn stellte ich mir 1995 ein recht brauchbares Midi-Studio zusammen (Korg 01/W Workstation, 16 Kanal Mischpult, Yamaha Effektgerät, Atari ST mit Cubase und Sony DAT Recorder). Damit ließen sich schon gut klingende Resultate erzielen. Alexander und ich haben uns dann dazu entschlossen aus allen gesammelten Werken eine eigene CD aufzunehmen, was dann auch im Juli 1995 mit „In Too Deep“ geschah. Die CDs haben uns pro Stück 40 DM gekostet und wurden an zahlreiche Interessenten veräußert. Zu unserer Freude wurde die CD im Allgemeinen als sehr brauchbar bezeichnet, was uns in Hinsicht auf die Zukunft sehr angespornt hat in dieser Richtung weiter zu machen. Noch im Windschatten der ersten eigenen CD mitgezogen, habe ich mir einen Akai Studio-Sampler zugelegt, der glücklicherweise in diesem Jahr in einigermaßen erschwingliche Preisregionen gerutscht war. [Neupreis 1992: 8000 DM]

Was ist 1996 passiert? Aus dieser Zeit stammen die meisten und besten Songs.
Dieses Jahr war sozusagen der musikalische Höhepunkt. Das hing vermutlich auch damit zusammen, dass ich mal 13 Monate „abschalten“ konnte und nicht vom Arbeitsalltag abgelenkt war. Ich musste nämlich meinen Zivildienst leisten und hatte deswegen irgendwie immer den Kopf frei für musikalisches. In dieser Höchstform und den gerade entleerten Geldbeutel durch zwei weitere Geräte (Alesis Quadraverb 2 und den obergenialen Ensoniq MR-Rack), klopfte ein alter Bekannter an die Tür und hat mich praktisch zu einer Gemeinschaftsproduktion eingeladen. Es war Tronje Pannhausen (T-ron Records) und es handelte sich um „6bpm“. Die Motivation für diese Aufgabe konnte gar nicht größer sein und ich machte mich sofort an die Arbeit. Ich habe mich tagelang rund um die Uhr mit „All Notes Off“ beschäftigt, was leider im normalen Berufsleben in dieser Form nicht möglich ist. Wahrscheinlich ist das Ergebnis deshalb auch genauso geworden wie ich es mir erhofft hatte. Ich war überwältigt von dem guten Sound, denn man ist ja irgendwie doch bestrebt alles aus sich und den Geräten für so ein Projekt herauszuholen. Für Kompromisse war also diesmal keine Zeit. Mit „All Notes Off“ habe ich für mich neue musikalische Maßstäbe gesetzt. Die Auflage von 500 Stück für „6bpm“ wurde uns zwar nicht aus den Händen gerissen, aber dennoch war es nach kurzer Zeit in aller Munde. Nicht zuletzt durch die zahlreichen Zeitungsberichte, Radioauftritte und Interviews. Das war schon ein cooles Gefühl zu wissen, daß es doch mehrere Leute gibt, die sich für so etwas begeistern. Das sollte aber für dieses Jahr noch nicht alles gewesen sein. Es konnte zwar nicht an den Erfolg von „6bpm“ anknüpfen, musikalisch gesehen habe ich aber mit „The Inner Light“ und „Past-Present-Future“ noch eins draufsetzten können. Alles in allem wird es wohl schwer sein dieses Jahr zu überbieten. Ich hoffe es gelingt nochmal...

Kurz nachdem „Micro World“ erschienen ist, besteht Crazy Arts wieder aus zwei Personen. Ist es DER Harald von dem du eingangs geschwärmt hast?
Ja, und ich bin sehr stolz darüber. Wir hatten uns seit der Schulzeit irgendwie aus den Augen verloren. 11 Jahre später ist er dann zufällig auf der Crazy Arts Homepage gelandet, als er nach seinem Namen gegoogelt hatte. Seit dem sind wir also zu zweit und produzieren momentan das nächste Album „Time Out“. Im Gegensatz zu mir ist Harald mit der Musik aufgewachsen und eigentlich eher klassisch orientiert. Er kann perfekt mit den Tasten umgehen und ist wirklich ein echtes Talent. Das NovaTune-Projekt „A Musical Tribute To Albert Einstein“ im April 2005 war unsere erste gemeinsame Produktion, viele weitere werden folgen!

Crazy Arts Musik ist ausschließlich Instrumentalmusik. Wäre auch Gesang denkbar bzw. ist Text für euch wichtig?
Gesang wäre mal eine neue Herausforderung, die uns sicher reizen würde. Harald und ich sind uns allerdings darüber einig, daß Musik keinen Text als Botschaft braucht. Der Gesang selbst wird für uns nur als Instrument angesehen, und nicht als Sinn der Musik. Deswegen ist es für uns nicht unbedingt das Ziel Gesang aufzunehmen. Aber wer weiß was noch kommen mag...?